Teil 1: Das Interview mit mir selbst zum Jahr 2018

Hey Franzi,

erinnerst du dich, wie du genau vor einem Jahr krank warst? Krank, weil du beruflich unglücklich warst? So unendlich viel geweint hast? Nur noch auf das neue Jahr gewartet hast, weil du deine Pläne in die Tat umsetzen wolltest? Die Pläne, die alles verändern sollten?

Ja, daran erinnere ich mich noch sehr gut. Ich war so unglücklich, dass mein Alltag mehr oder weniger nur daraus bestand mich morgens aus dem Bett zu quälen, mich mit wenig Energie durch den Tag zu schleppen und abends nach der Arbeit auf der Couch einzuschlafen. Ich habe viel geweint. Sehr viel. Und ich hatte keine Lust auf nichts. Ging auch nicht. Ich hatte keine Kraft für irgendetwas und wollte einfach nur meine Ruhe. Ruhe vom Alltag. Ruhe vom Leben. Erschreckend, wie ein Job, der dich unglücklich macht, sich auf das gesamte Leben auswirkt.

Nun sitzt du hier. Das Jahr ist bald vorbei. Das Jahr, auf das du so sehnlichst gewartet hast vor 12 Monaten. Das Jahr 2018. Was ist daraus geworden? Was ist mit deinen Plänen und Zielen? Hast du dein Versprechen, was du dir selbst gegeben hast, gehalten? Bist du glücklicher? So glücklich, wie du es dir erhofft hast? Und vor allem: Weinst du noch?

Ja, ich weine noch. Es sind andere Tränen, als vor einem Jahr. Ich weine vor Glück. Vor Stolz. Vor Freude und Dankbarkeit. Ich weine vor Lachen und Albernheit. Ich weine, weil ich emotional berührt bin von den schönen Momenten in meinem Leben. Die Momente, für die ich in den vergangenen Jahren kein Auge mehr hatte. Ich habe all meine Pläne in die Tat umgesetzt. Und damit bin ich glücklich. Sogar glücklicher, als ich es mir gewünscht habe, weil ich jetzt erkenne, was mir gefehlt hat und welche Sehnsüchte ich hatte und diese nun leben kann.

Wow, das klingt großartig. Wie bist du die Veränderung angegangen? Welcher Schritt war der Erste?

Als erstes habe ich endlich auf meinen Körper und mein Umfeld, genauer gesagt meinen Mann gehört. Ich bin zu einem Arzt und habe mir eine Auszeit verordnen lassen. Um mich zu sortieren. Um meine Gedanken zu sortieren.

Du warst krank? Krank, weil du unglücklich warst?

Nicht direkt krank. Ich war völlig erschöpft. Antriebslos. Ich war erschöpft, weil ich unglücklich war. Es war mir unangenehm zu meinem Arzt zu sagen, dass ich vom unglücklich sein erschöpft war – schließlich ist das keine Krankheit oder nichts, was durch Bluttests oder Ähnliches nachgewiesen werden kann. Doch der Arzt hat mich vollkommen verstanden. Er stellte mir zwei entscheidende Fragen, auf die ich im ersten Moment keine Antworten parat hatte: „Wann haben Sie das letzte Mal etwas getan, was Ihnen gut tut?“ und „Was macht Sie glücklich?“ Mit diesen beiden Fragen schickte er mich heim und schrieb mich sechs Wochen lang krank. Er wollte, dass ich genügend Zeit habe, um mir die Fragen ausführlich zu beantworten und alles dafür zu tun, um mein Leben in diese Richtung zu lenken und mich beruflich umzuorientieren.

Sechs Wochen ist eine verdammt lange Zeit. Brauchtest du wirklich so lange?

Es ist eine lange Zeit. Und ich habe sie auch gebraucht. Erstmal musste ich gedanklich aus meinem Berufsalltag, wie ich ihn bis dahin gelebt hatte, raus. Das ist gar nicht so einfach. Es war schließlich nicht nur der Job bzw. die Tätigkeiten – es war vielmehr das berufliche Umfeld, in das ich mit meiner Persönlichkeit nicht richtig reinpasste. Dadurch kam es zu vielen Konflikten gepaart mit Neid, Missgunst und teilweise Hass. Ich musste einiges verstehen und für mich reflektieren. Die Frage „Warum?“ schwirrte immer wieder durch meinen Kopf. Deshalb waren die ersten zwei Wochen wirklich schwer, weil es einfach nur schmerzte. Und diesen Schmerz musste ich aushalten und zulassen, sonst wäre ich nicht weitergekommen.

Was war nach diesen zwei Wochen? Wie ging es weiter?

Ich hatte für mich verstanden, dass das Umfeld und ich nicht ganz kompatibel miteinander waren. Viele energiefressende Konflikte oder auch Tätigkeiten kamen durch unterschiedliche Sichtweisen, Werte und persönliche Einstellungen zustande. In der Branche bzw.  in dem Unternehmen waren meine Gedanken und Visionen teilweise zu abgespact, im Sinne von ‚schon zu weit gedacht‘ oder ‚zu frei denkend fern von Normen und Regeln‘. Mir wurde bewusst: ich brauche ein neues berufliches Umfeld. Neue Aufgaben, neue Kollegen, neue Visionen und eine andere Unternehmenskultur. Das heißt nicht, dass das Umfeld, was ich zu diesem Zeitpunkt hatte schlecht oder schrecklich war. Es war einfach nicht das Richtige für mich. Wie, wenn du eine Ballerina auf ein Rugby-Feld stellst. Passt einfach nicht. Sie ist dafür nicht geeignet. Das ist nicht das richtige Spielfeld für sie. Und ich war nicht auf meinem richtigen Spielfeld - das habe ich erkannt.

Die Ballerina auf einem Rugby-Feld – großartiges Bild in meinem Kopf und sehr tolles Beispiel. Und mit dieser Erkenntnis hast du alles geändert?

Das war der Startschuss. Ich habe am 01.01.2018 insgesamt 37 Bewerbungen geschrieben und per Mail verschickt. Ich wusste, dass sich etwas ändert. Habe mich von all meinen Ängsten und negativen Glaubenssätzen befreit. Ich habe mir geschworen, dass ich dafür sorge, dass es besser wird. Ich war hart zu mir. Und hart zu den Firmen in denen ich Gespräche hatte. Ich habe der ein oder anderen Firma abgesagt, obwohl sie mich eingestellt hätten. Ich war davon überzeugt eine Firma zu finden, die ich verdiene. Und die mich verdient. Weil ich so viel kann. Weil ich mutig bin. Selbstbewusst. Stark. Kreativ. Lebensfroh. Motiviert. Fair. Fleißig. Neugierig. Kommunikativ. Klar. Ehrlich. Menschlich und leidenschaftlich. Ich wollte endlich auf dem richtigen Spielfeld stehen. Auf meinem Spielfeld. Auf dem, wo ich hinpasse und zum Einsatz komme, mit all meinen Stärken und Eigenschaften.

Ich gehe davon aus, dass du es gefunden hast? Schließlich sagtest du zu Beginn unseres Gesprächs, dass du nun glücklicher bist. Wie fühlte sich das an?

Ja genau. Ich habe mein Spielfeld gefunden. Im März hatte ich ein Bewerbungsgespräch in meiner jetzigen Firma. Es hat direkt im Gespräch gepasst. Ich habe noch im Gespräch die Zusage bekommen. Und ich habe sofort gemerkt: das ist es! Es fühlte sich so leicht an. Irgendwie entspannt. Mag komisch klingen, weil es sich bei einem Bewerbungsgespräch meist um eine Stresssituation handelt. War es in diesem Fall allerdings nicht. Ich war mir meiner Selbst bewusst. Ich kannte meine Stärken, Schwächen, Erfahrungen und wusste genau was ich wollte. So ist es ja oft im Leben – die wirklich wahren und richtigen Dinge fühlen sich einfach richtig und leicht an. Da muss sich keiner anstrengen. Sie passieren einfach. Mit einem natürlichen Flow ohne Kraft und Energie aufzuwenden.

Und dann war es im März schon so weit? Das ging fix.

Nicht ganz. Im März hatte ich die Zusage. Meinen alten Job musste ich allerdings noch kündigen. Ich hatte eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende. Also habe ich zum 1. Juli auf meinem neuen Spielfeld angefangen zu spielen. 😉 In der Zwischenzeit fühlte sich allerdings alles so frei an. Ich wusste ja, dass es bald ein Ende hat. Meine Energie kam wieder. Meine Freude im Alltag. Mein Strahlen. Mein Lachen. Ich habe im Büro gesungen und meine ehemaligen Kollegen merkten deutlich, dass es mir besser geht. Es war wie ein Befreiungsschlag. Gigantisches Gefühl!

Ich freue mich so für dich! Als es dir dann so gut ging und du voller Vorfreude auf die neue Herausforderung warst, hast du es dann bereut diesen Schritt nicht schon eher gegangen zu sein?

Vielleicht hätte ich mir den ein oder anderen Schmerz erspart oder ich hätte einige schlechte Erfahrungen nicht gemacht – doch vorher war die Zeit noch nicht reif. Mir hat der kleine Funken Mut gefehlt. Das hatte verschiedene Gründe. Doch ich bin davon überzeugt, dass alles genau dann passiert, wenn es passieren soll. Ich habe die Zeit also gebraucht, um mir darüber klar zu werden, was ich will. Was ich wirklich will. Wie es aussehen soll. Mein Berufsalltag. Meine Aufgaben. Mein Umfeld sowie die Kollegen und Benefits drum herum.

Und ich muss dazu sagen, dass nicht alles schlecht war. Ich hatte auch tolle Kollegen, die mich unterstützt haben, die mir zugehört haben, mir Mut gegeben haben. Ich hatte herausfordernde Aufgaben und einen tollen Chef mit viel Verständnis, Menschlichkeit und Interesse an meiner Weiterentwicklung – auch wenn das hieß aus dem Unternehmen heraus entwickeln. Und dafür bin ich sehr dankbar. Für all die Erfahrungen – sowohl positiv als auch negativ. Das hat meine Persönlichkeit weiterentwickelt und ich hatte in jeder Situation die Chance mich selbst besser kennen zu lernen. Und das ist doch großartig. Ich kenne mich nun besser als je zuvor.

→ Hier geht es zur Fortsetzung: Zweiten Teil des Interviews jetzt lesen! 

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