Das reifere und intolerantere ich. | DOMICELLA
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich verändert. Ganz schön verändert sogar. Doch nicht nur positiv. Dachte ich.
Ich beschäftige mich intensiv mit den Themen Persönlichkeitsentwicklung, Selbstverwirklichung und Selbstmanagement. Und das schon einige Jahre. Wichtig ist mir dabei, dass ich mich nicht einfach ändere und ein optimierterer Mensch werde, sondern ich meine Potentiale entdecke und ausbaue. Also das Tolle, was bereits vorhanden ist zum Leben erwecken und gekonnt anzuwenden. Denn was ist schöner als die eigenen Stärken zu stärken und einzusetzen?
Um an meine Potentiale zu gelangen und Veränderungen festzuhalten, reflektiere ich mich regelmäßig. Dabei ist mir in den vergangen Tagen und Wochen aufgefallen, dass ich weniger tolerant gegenüber anderen Menschen und deren Meinungen bin, als ich es noch vor zwei Jahren war. Ich bin innerlich zusammengezuckt und habe mich vor mir selbst erschrocken, schließlich zählte Toleranz in der Vergangenheit zu meinen Stärken. Tagelang ging es mir schlecht mit dem Gedanken, dass ich eine Stärke in etwas Negatives verwandelt habe. Ich konnte es kaum fassen, analysierte woher das kommt und fragte mich, wie ich das nicht bemerken konnte – zumal sich so etwas nicht von heute auf morgen einstellt.
Aufgrund der vielen negativen Erfahrungen die letzten Jahre mir gegenüber in Sachen Toleranz habe ich meine Toleranz ebenso abgelegt – das war mein erster Gedanke. Wäre auch nicht so unlogisch – werde ich wieder und wieder schlecht behandelt, behandle ich irgendwann auch schlecht. Doch das ergab für mich keinen Sinn, da es nicht zu mir passt. Das war auch nicht der Grund. Ich fühlte mich also mies, da Intoleranz nicht nur negativ behaftet ist, sondern ebenso sehr häufig als Schwäche ausgelegt wird und ich fand keine Erklärung für diese Veränderung.
Vor einigen Tagen sprach ich mit einer Führungskraft darüber. Ich hatte sie gebeten mir ein Feedback zu meiner Wirkung, zu meinem Verhalten sowie meinen Stärken und Schwächen zu geben. Ich war überrascht über das klare und ehrliche Feedback, in dem sie fast ausschließlich positive Eigenschaften aufzählte und lediglich einige Hinweise für die Zukunft gab. „Viele Menschen sehen leider nicht, wie toll und wundervoll Sie sind, weil sie sich überrollt fühlen. Die Erwartungen sind dabei nicht klar – was können und wollen Sie leisten vs. was sollen Sie aus denen ihrer Sicht leisten. Schaffen Sie mehr Klarheit und Transparenz zu Ihren eigenen Erwartungen und klären Sie die an Sie gestellten Erwartungen ab.“
Ich erzählte ihr dann von meinem Selbstbild, dass mir aufgefallen ist, dass ich intoleranter geworden bin und mir das ganz schön zu schaffen macht. Es kullerten sogar ein paar Tränen. Sie sagte: „Das Sie dieses Thema so sehr bewegt, zeigt dass es Ihnen wichtig ist. Sie haben sich verändert und merken das. Da Sie nun ganz gegen Ihr gewohntes Ich und Ihre gewohnte Verhaltensweise handeln, verunsichert Sie das erst einmal – das kennen Sie ja so nicht von sich.“ Sie fragte mich wieso ich davon ausgehe, dass ich mich in diesem Punkt so negativ verändert habe und weshalb Intoleranz etwas Schlimmes bei mir ist. Meine Antwort? Ich erwarte, dass andere meine Meinung und mich tolerieren, also möchte ich das andersherum doch auch geben. Außerdem gehört sich das für mich die Meinung anderer zu tolerieren.
Und dann wurde es erst so richtig interessant, denn sie sagte: „Wissen Sie, wenn jemand immer und immer wieder absichtlich gegen Ihre Werte und Ihre Vorstellung verstößt, würden Sie das dann tolerieren? Würden Sie der Person Grenzen setzen und sagen: Stopp, bis hier her und nicht weiter? Würden Sie sich das immer und immer wieder gefallen lassen? So wie ich Sie kenne nicht.
Wir sind alle Menschen und jeder von uns ist ein Individuum. Wir alle haben unterschiedliche Werte und Anforderungen an uns selbst und unser Umfeld. Wir müssen nicht alles tolerieren. Vor allem nicht die Dinge, die gegen unsere Persönlichkeit, unser Naturell oder unsere Werte verstoßen. Das ist ein Selbstschutz. Immer wenn Menschen mit einander zu tun haben, sollten sie sich gegenseitig – und da gehören die persönlichen Werte dazu – respektieren.
Wenn also ein Mensch auf Sie zukommt und mit Absicht und sehr offensichtlich in Ihrem Wertegarten herumtrampelt, ist es Ihr gutes Recht das nicht zu tolerieren und Abstand von diesem Menschen zu nehmen. Für mich hat eine eingegrenzte Toleranz etwas mit Reife zu tun. Denn wer weiß was er möchte, was er kann, wohin es ihn verschlagen soll, der kann ganz genau sortieren, was es dazu braucht und was nicht. Es braucht nicht jede Meinung und nicht jeden Menschen sowie deren Verhalten, damit Sie Ihre Ziele erfüllen. Also ist Ihre Veränderung aus meiner Sicht eine Positive. Sie sind reifer geworden. Klarer. Klarer in dem was Sie möchten und in dem wer Sie sind. Da kann ich Ihnen nur ganz herzlich gratulieren.“
Wow. Plötzlich waren all der Kummer, all die Gedanken und das miese Gefühl weg. Ich musste lächeln und konnte nicht wieder damit aufhören. So hatte ich das natürlich nicht betrachtet. Es ist keine negative Veränderung. Es ist ein Reifeprozess, der diese Veränderung mit sich gebracht hat. Und es tut mir gut. Mir gefällt diese Veränderung.
Was möchte ich dir mit diesem Post sagen? Das sind drei entscheidende Fakten:
1. Gehe nicht so hart mit dir ins Gericht! Ich denke an meinem Beispiel mit der Intoleranz erkennst du ganz gut was ich meine. Wir befinden uns sehr oft in einem Selbstoptimierungswahn. Ja ich nenne es Wahn. Denn es ist die Natur des Menschen sich stetig zu optimieren. Die Natur sagt: wachse! Also sei gnädiger mit dir und hole dir vielleicht eine zweite Meinung von einem Außenstehenden ein, wenn du mal wieder zu hart zu dir bist. Andere sehen dich meist viel liebenswerter, engagierter und wunderbarer als du dich selbst siehst.
2. Nur weil etwas für eine große Masse oder sogar die Gesellschaft allgemein etwas schlimm, negativ oder schwach ist, heißt das nicht, dass das die Wahrheit ist. Viele Eigenschaften oder auch Worte sind sehr negativ behaftet. Wieso auch immer. Manchmal steckt auch kein tieferer Sinn dahinter. Schaue für dich selbst, was es für dich bedeutet und wie du es lebst, definierst oder was du damit verbindest. Oft sind bestimmte Themen Ansichtssache. Das heißt viele werden eine unterschiedliche Meinung und eine andere Ansicht haben – stehe zu deiner Meinung und deiner Ansicht und fühle dich dafür nicht schlecht! Denke nicht so viel, was andere denken könnten! Denn du weißt du wirklich was sie denken. Die denkst nur, dass du es weißt. ;)
3. Sei ehrlich zu dir selbst! Mit diesem Blogpost möchte ich dir zeigen, dass es ok ist sich auch mal in eine Richtung zu verändern, die du so vielleicht nicht auf dem Schirm hattest. Dass es ok ist, wenn du dich auch mal mies fühlst und darüber sprichst oder schreibst. Es ist wichtig, dass du dein eigenes Verhalten beobachtest und ab und zu auch mal in Frage stellst – damit meine ich nicht „Bin ich gut oder schlecht“. Damit meine ich „Ist das Verhalten so, wie ich gerne wahrgenommen werden möchte? Bin ich so, wie ich gerne sein will?“ Und dafür braucht es Ehrlichkeit. Ehrlichkeit von dir selbst zu dir selbst.
So jetzt hast du bis zu dieser Stelle gelesen. Danke! Ich danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, um meine Erfahrungen und meine Gedanken zu lesen.
Mit diesem Blogpost schenke ich dir als Leser viel Vertrauen, denn ich schreibe sehr ehrlich und offen über meine Gedanken und Emotionen. Deshalb interessieren mich deine Meinung und deine Gedanken zu diesem Thema. Was hat dich bewegt während des Lesens? Was denkst du gerade? Was für ein Gedanke hängt dir besonders im Kopf?
Gerne kannst du direkt in die Kommentare schreiben oder du sendest mir eine Mail (domicella.info@gmail.com) bzw. eine Nachricht auf meinen sozialen Kanälen, wie Instagram, Facebook oder Twitter.
Ich hoffe du konntest dir etwas mitnehmen aus meinen Zeilen.
Bis zum nächsten Blogpost!
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